Twitter-Nachricht anno 1664

Brief aus Nürnberg nach Bischofteinitz in Böhmen aus 1664

Heutzutage vergisst man leicht die enorme Bedeutung der Post in früheren Zeiten. Wir unterhalten uns mit Freunden via Telefon, SMS oder Email, erhalten unsere Nachrichten via Radio, Fernsehen, Internet und Soziale Medien. Sogar Präsidenten regierten bis vor Kurzem mittels Twitter.
Aber wir Menschen waren schon immer neugierig und als Erster Neuigkeiten aus der Welt zu bekommen, war oft ausschlaggebend für Investitionen, die Entscheidung ob Krieg oder Frieden und den Kampf gegen Krankheiten. Nicht nur Kaiser, sondern auch adelige Grundherren hielten sich daher sogenannten „Agenten“ in den wichtigsten Städten. Von ihnen wurden sie über Vorgänge informiert, die man in diesen Zentren zuerst erfahren konnte.
Ein solches Zentrum war im deutschsprachigen Raum die Reichsstadt Nürnberg. Dort tummelten sich Händler, Handwerker und Adelige aus aller Herren Länder. In Nürnberg saß mit Johann Waldmann ein Agent von Adam Matthias von Trauttmansdorff (* 1617; † 1684), Marschall und königlicher Statthalter in Böhmen, Herr von Bischofteinitz, der sich 1664 umfassend informieren ließ. Der junge Ernst Graf Waldstein war damals sein Secretarius und der Empfänger dieses Briefes.
In absoluter Kurztextform, ganz ähnlich dem heutigen Twitter, werden in diesem Brief die wichtigsten Neuigkeiten zusammengefasst, die auch aus heutiger Sicht hochinteressant sind.
„Man schreibt, dass England und Holland wieder einander fast im öffentlichen Krieg gesetzt werden“, ist eine dieser Nachrichten. Sie nimmt den Zweiten Englisch-Niederländischen Krieg vorweg. Der Krieg brach 1665 los und endete mit der Vernichtung der englischen Flotte auf der Themse. Im Frieden von Breda 1667 tauschten Engländer und Niederländer Kolonien: die Niederlande erhielten Surinam in Südamerika und England erhielt die nordamerikanischen Besitzungen Hollands rund um Neu Amsterdam. Was die Niederländer damals eher achtlos gegen ein vermeintlich wesentlich reicheres Gebiet tauschten, nannten die Engländer New York und bauten es weiter aus. Der Friede von Breda war also der Grundstein für die heutige Metropole.
Die zweite Kurznachricht betrifft ein Naturphänomen: „Von Hamburg ersenden andere, wan ein Cometstern so sie gesehen.“ Bei dem „Cometstern“ handelt es sich um einen der zehn hellsten Kometen, die jemals gesehen wurden. Astronomisch erhielt er den Namen C1664/W1 – und auch er hatte nachhaltige Folgen für die Welt. Denn Isaac Newton war in Cambridge so fasziniert von dem Kometen, dass er sich von Jus abwandte und Naturwissenschaften studierte. Ohne C1664/W1 wäre er vielleicht ein erfolgreicher Anwalt geworden. Die Newton´schen Gesetze hätte er sicher nicht entdeckt.
Wie damals üblich, betrachtete man den Wandelstern als böses Omen. So schreibt der Verfasser des Briefes zu den Folgen dieser Sichtung: „Gute Zeit darf man sich gewiss nit einbilden.“ Das hat wohl auch mit der dritten Geschichte in diesem Brief zu tun: Hier schreibt er, dass es „Krankheiten viel geben mag“ und vor allem „in der Pfalz viel Leit krank sein“. Es handelt sich um den Beginn der letzten großen Pestepidemie der Kurpfalz. Schulen und Universitäten wurden geschlossen und das öffentliche Leben weitgehend eingeschränkt. Dennoch soll die Krankheit annähernd 14.000 Menschen alleine in der Pfalz das Leben gekostet haben.

Der Komet von 1664 aus einer zeitgenössischen Darstellung

Classicphil: Vorphila zu Höchstpreisen

Die heutige Classicphil-Auktion hat gezeigt, dass österreichische Vorphilatelie alles andere als „out“ ist. Die ohnehin hohen Rufpreise wurden nochmals deutlich gesteigert! So gingen die Abstempelungen vor 1800 durchwegs zu guten Preisen an den Höchstbietenden. Rekordhalter ist der Adler-Posthorn-Stempel von Winograd um 1900 Euro. Ebenso viel erzielte Los 40054: Ein Brief von Wien nach Verona über Laibach, wo er den roten ILLYRIE erhielt (s. Foto). Und morgen geht es mit der Grand-Prix-Sammlung der WIPA 2000 weiter. Da fallen wohl wieder Rekorde!

Gmunden 2020 war eine Reise wert!

Nach Lockdown, Corona-Angst etc. fand trotz vieler Warnhinweise Ende August in Gmunden die „Phila Toscana“ statt. Es wurde eine wunderbare Ausstellung, deren Besuch sich mehrfach lohnte. Erstens wegen der herausragenden Qualität der Wettbewerbsausstellung. Im Rang 3 gab es so viele 90-Punkte-Exponate wie selten zuvor.
Dann war da der Austria-Cup mit interessanten neuen Exponaten, den – völlig zu Recht – wieder einmal das Grazer Team der „Steirischen Panther“ für sich entschied.
Und schließlich war bei den Händlern so viel Platz zum Stöbern, Schmökern und Tratschen wie selten zuvor. Dass sie trotzdem zufrieden waren, ist besonders erfreulich.
Viel Prominenz war auch anzutreffen: So etwa Ex-WKÖ-Präsident Christoph Leitl oder der Altösterreich-Doyen Ulrich Ferchenbauer.
Es waren drei tolle Tage mit der österreichischen Philatelie- und Postgeschichte-Familie, die ich nicht missen möchte.

Die Post in Zeiten der Seuche

In Krisenzeiten blickt man gerne zurück, wie unsere Vorfahren mit den großen Problemen ihrer Zeit umgegangen sind. Man muss mit Vergleichen immer vorsichtig sein. Man kann die Krankheiten früherer Epochen und die Methoden von deren Bekämpfung nicht mit heute vergleichen. Aber so wie heute wurden auch damals die Seuchen nicht mit Briefen oder anderen Postalia übertragen – daher brachten die umfangreichen Maßnahmen eigentlich nicht viel.

Aber gerade dem Postgeschichtler ist der Begriff Quarantäne sehr bekannt. In Österreich bezeichnete man die Quarantäne auch Kontumaz. Es gab entlang der österreichischen Grenzen, vor allem in Richtung Südosten, jahrhundertelang Kontumazämter, wo Menschen, Waren und eben auch Briefe für eine mehr oder weniger lange Zeit bleiben mussten. Sie wurden dort desinfiziert und durften erst nach einer entsprechenden Behandlung weiterbefördert werden. Gerade Briefe wurden als Mittel der Ansteckung gefürchtet, da sie bis ins 19. Jahrhundert hinein die Symbole der damaligen Globalisierung waren. Vor allem wenn sie aus dem Südosten Europas oder gar aus Asien kamen, wurden sie umfangreich behandelt.

Man „rastelte“ sie. Das heißt, man durchbohrte sie mit einem Eisen, das von vielen spitzen Zacken besetzt war. Dann räucherte man die Briefe über speziellen Kräutern. Das konnte nur von außen geschehen. In Zeiten von besonders schweren Epidemien wurden die Briefe aber auch geöffnet und innen geräuchert. Mit einem Siegel der Kontumazstation wurden sie wieder verschlossen.

Eine zweite Möglichkeit neben dem Räuchern war die Desinfektion mittels Essig oder ähnlicher flüssiger Substanzen. Auch hier gab es die Möglichkeiten der nur äußeren oder der äußeren und inneren Anwendung.